Hadley B. Jones und sein ATARI
Dieser Zeit trauere ich hinterher, das kann man nicht anders sagen. Ich habe zwar nicht alles über die letzten 30 Jahre retten können, aber einige der Programm habe ich immer noch, wenn auch nicht mehr alles funktioniert:
Ja, Sie lesen richtig, da steht 1987! Da war ich noch bei der Bundeswehr in Hardheim und habe fast meine komplette Freizeit mit dem Programmieren auf dem ATARI zugebracht. Meine Programmiersprache dabei war GFA-Basic! Vorher hatte ich bereits andere Basic-Versionen durchprobiert, unter anderem Omikron-Basic und zuvor auch das Basic auf dem C64, aber GFA war der absolute Oberknaller.
MAFIA – THE GAME
Mit meinen selbstgeschriebenen Programmen in GFA-Basic habe ich mir in der ATARI-Szene schnell einen Namen gemacht. Dies lag auch daran, dass mehrere große ATARI-Zeitschriften auf mich aufmerksam wurden und meine beiden Spiele in eigenen Artikeln abdruckten. Davon erhalten sind noch zwei Artikel aus der ST-Computer, diese wurden auch in der ATARI INSIDE besprochen.
Mein Mitprogrammierer Andreas Steinke hat für MAFIA II ein Pseudomultitasking programmiert, Das war damals einzigartig. Während der Spieler seine Eingaben macht, lief im Hintergrund die Zeit ab. Wir waren das erste rundenbasierte Spiel in GEM, welches den Spieler nach einer gewissen Zeitspanne in die nächste Runde schickte. Bis dahin hielt man das für unmöglich. Andreas hat es möglich gemacht!
CAT-Mailer
Es gab tatsächlich eine Zeit vor dem Internet, auch wenn man das heute nicht für möglich hält. In der Zeit meiner Anfänge war ich sehr aktiv im MAUS-NET, einem recht großen Verbund von Mailboxen, die allesamt von Privatleuten betrieben wurden. Auch hier wurde für den ATARI die passende Software gebraucht und es entstanden QUARK, das anfangs sogar in GFA geschrieben wurde, und CAT:
CAT war ein sehr einfaches und sehr sauber programmiertes Programm zur Einwahl in die Mailboxen. Man konnte damit die verschiedene Gruppen abonnieren und private Emails schreiben. Da ich sehr viele private Emails geschrieben habe (ich hatte einen regen Austausch mit anderen Programmierern), wurde es mir aber zu schwerfällig, jedesmal das vollständige Programm zu lasen und so programmierte ich den CAT-Mailer:
Mit ihm war es möglich, ohne das Hauptprogramm zu starten, Nachrichten in die Gruppen und private Emails zu schreiben. Diese wurden dann in CAT einsortiert. Zum Verschicken musste allerdings immer noch CAT gestartet werden. CatMail wurde mehr als tausend Mal aus den Mailboxen geladen, da es sich um Freeware handelte und ich bekam etliche Mails, die das Programm lobten.
Kleinere Spiele auf dem ATARI
Um mir die Zeit zu vertreiben und weil ich Lust aufs Programmieren hatte, entstanden auch kleinere Spiele (Talking Cards und 17 und 4), die alle Zugang zu den bekannten PD-Serien fanden:
Und hier eine Musikbox
Der Parser der Zukunft
Auf dem ATARI gab es ebenfalls Hunderte von Textadventures. Dies sind Abenteuerspiele, die ausschließlich auf Texten aufbauen. Dazu gab es ein Eingabefeld, hinter dem ein "Parser” steckte, der die Eingaben des Spielers analysierte und darauf reagierte. Diese Parser waren, vor allem bei den deutschen Textadventures, sehr rudimentär und mehr wie “untersuche tisch” oder “nimm buch” konnte die nicht. Das war mir ein Dorn im Auge, denn das musste auch besser gehen. So entwickelte ich einen Parser, mit dem man mehrere Befehle verschachteln konnte und dem es völlig egal war, wie der Spieler den Satz schrieb. Anstatt “untersuche den tisch” konnte man mit meinem Parser auch schreiben: “Hättest du bitte die güte und würdest für mich den Tisch untersuchen?”. Der Parser verstand das, in dem er einfach nach einem Befehl (“untersuchen”) und nach einem Gegenstand (“Tisch”) suchte. Außerdem konnte man ein Komma und das Wort “und” benutzen, der Parser zerlegte die Eingabe dann in SATZ1 und SATZ2. So waren Eingaben möglich wie “untersuche den Tisch und verlassen den Raum” oder eben “untersuche den Tisch, verlassen den Raum”.
Außerdem konnte man mit allem, was im Raum beschrieben worden war, auch interagieren. Ich wollte in meinem Parser Antworten wie “Ich sehe das nicht” oder “Ich kann das nicht” weitmöglichst verhindern. Stand also im Text “An der Wand hängt eine Uhr” bekam man in einem Standardparser nach der Eingabe “untersuche die Wand” die Antwort “das geht nicht” oder “das sehe ich hier nicht”. In meinem Parser kam aber “da hängt eine Uhr”.
Als Anschauungsbeispiel programmierte ich die Etage eines Hauses mit fünf Zimmern. Der Spieler konnte zwischen diesen Zimmer wechseln und darin, anhand des beschreibenden Textes, interagieren. Gleichzeitig ließ ich eine alte Frau und eine Katze durch die Zimmer laufen. Mit der alten Frau und der Katze konnte man ebenfalls interagieren, wenn diese im Raum waren. Jedesmal, wenn der Spieler eine Eingabe machte, liefen die Oma und die Katze einen Raum weiter.
Dies alles hatte aber auch einen immensen Mehraufwand und Planung der Texte zur Folge, denn für jeden weiteren Raum des Adventures mussten umfangreiche Schreibarbeiten getätigt werden, die das Programmieren wirklich schwer in die Länge zogen.
Leider, leider kann ich den Artikel in einer ATARI-Zeitschrift nicht mehr finden, der über diesen Parser berichtete, denn der Parser war eine Sensation. Mein Parser wurde darin als der “Parser der Zukunft” bezeichnet und der Source-Code wurde viele Hunderte Male aus den Mailboxen geladen.
Und heute?
Wenn ich mir heute den Source-Code dieser Programme anschaue, blicke ich absolut nichts mehr. Ich verstehe weder die Befehle, noch was ich da gemacht habe:
Ich denke aber sehr gerne an diese Zeit zurück, vor allem, weil man viele Anekdoten zu erzählen hat. Z.B. wenn man an einem Problem saß, stundenlang, welches man dann endlich gelöst hatte und den Code startete. Dann passierte das hier und alles war weg, die Arbeit von Stunden:
Deswegen die beiden wichtigsten Regeln, wenn man auf dem ATARI in GFA programmiert:
- Speichere immer vorher ab, bevor du auf RUN drückst
- Dokumentiere Deinen Sourcecode, Du erkennst sonst nichts wieder!
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